Reiner Ruthenbeck

Für die Skulptur. Projekte in Münster 1997 entwickelte Reiner Ruthenbeck eine Aktion beziehungsweise eine ‚kinetische Skulptur‘. Zu bestimmten Zeiten umrundeten ein Rappe und Schimmel mit Reiter:innen gegenläufig den knapp vier Kilometer langen Promenadenring. Bei jeder Runde begegneten die Reiter:innen sich zweimal, ritten jedoch wortlos im Schritt aneinander vorbei.

Begegnung Schwarz/Weiss führte eine Reihe verschiedener Aktionen fort, in denen Ruthenbeck seit 1989 Bewegung, räumliche Begegnung und Überschneidung thematisiert hatte. Der Konzeptkünstler erläuterte, dass Polarität und Dualität ein Hauptthema in seiner Arbeit seien: „Ich versuche, eine Art schwebendes Gleichgewicht in meiner Kunst und damit im Bewußtsein des Betrachters zu erreichen“.¹

Zehn Jahre zuvor hatte Ruthenbeck bereits einen ironischen Umgang mit Merkmalen und Klischees der regionalen Identität für seinen Beitrag Lodenfahne entwickelt, indem er das liebste Transportmittel der Münsteraner, das Fahrrad, von der Straße ins Museum geholt hatte. 1997 griff er mit dem Pferd nun das westfälische Symboltier auf. Wegen dieses kulturellen Ortsbezuges und durch die strategische Okkupation der wichtigsten Route um das Stadtzentrum herum schuf Ruthenbeck mit seiner Aktion sowohl Verbindungen als auch Brüche. Der Künstler spitzte die Gegensätzlichkeit durch die unterschiedlichen Bewegungsrichtungen und die Farben Schwarz und Weiß zu.

Daniel Friedt

¹ Reiner Ruthenbeck, „Andere Projekte zum Thema POLARITÄT/BEGEGNUNG“. In: Klaus Bußmann, Kasper König und Florian Matzner (Hg.), Skulptur. Projekte in Münster 1997, Ausst.-Kat.: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster, Ostfildern-Ruit 1997, 355–357, Zitat: 357.