Jorge Pardo

Vom Ufer des Aasees ragt Jorge Pardos aus Holzplanken bestehender Steg aus einer Einbuchtung mehr als 40 Meter weit hinaus auf das Wasser.¹ Pardo arbeitet in seinen künstlerischen Produktionen häufig an den Grenzbereichen von Skulptur, Architektur und Design. Die Verbindung von Funktionalität und Ästhetik lässt Vergleiche zum Bauhaus zu.² Der Künstler folgt jedoch keiner utopischen oder rationalen Dogmatik, sondern führt kreative Gestaltung und Benutzbarkeit zusammen, sodass der Status von Dingen³, ihre Wahrnehmung verhandelbar werden: Ein Buch ist ein Buch, aber genauso wie eine Küchenzeile auch eine Skulptur; ein Haus ist bewohn- und betretbar, inszeniert jedoch ebenso seine Umgebung. Auch der Pier in Münster ist betretbar. Er schreibt sich in seine Umgebung ein, dient der Unterhaltung sowie als Ort zum Nachdenken und Innehalten. Durch seine schlichte Gestaltung erinnert er an japanische Gartenarchitektur. Der lange Weg über den Steg lädt dazu ein, sich Zeit zu nehmen, die Landschaft zu betrachten, am Endpunkt zu verweilen und auf das Wasser und die Stadt zu blicken. Unterstrichen wurde das kontemplative Moment ursprünglich durch die Möglichkeit, vor Ort eine Zigarette zu rauchen.⁴ Der Ausblick aus dem Pavillon bietet verschiedene Perspektiven auf den umliegenden Raum; der Pier und der künstlich angelegte Stausee werden zu offenen, verhandelbaren Teilen der Umwelt.

Stefanie Raupach

¹ Klaus Bußmann, Kasper König und Florian Matzer (Hg.), Skulptur. Projekte in Münster 1997, Ausst.-Kat.: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster, Ostfildern-Ruit 1997, 313.

² Doris Krystof, Pardo, in, vor, über dem Museum. In: Doris Krystof (Hg.), Jorge Pardo, Ausst.-Kat.: K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 2009, 5.

³ Liam Gillick, Jorge Pardo, it is it, is it not. Reclaiming contingent space. In: Jorge Pardo, Ausst.-Kat.: Haunch of Venison, Zürich 2005, 8.

⁴ An einer Wand des Pavillons befand sich ursprünglich ein Zigarettenautomat, der jedoch aufgrund von Wartungsschwierigkeiten entfernt wurde.