Stephan Balkenhol

Stephan Balkenhol platzierte 1987 die Standfigur Mann mit grünem Hemd und weißer Hose auf einem Kaminsims vor der kargen Brandmauer eines Altbaus im Zentrum von Münster. Die schlanke Gestalt mit dunkler Kurzhaarfrisur stemmte lässig den linken Arm in die Hüfte. Mit ausdrucksloser, selbstversunkener Miene überschaute die Figur die tägliche Betriebsamkeit der Salzstraße. Nur wer den Blick frei in die Höhe schweifen ließ, konnte die bis dahin zweite im Außenraum präsentierte Skulptur von Balkenhol entdecken.

Die Ortswahl kann als Widerspruch zur traditionellen Fassadenskulptur verstanden werden. In vielfältigen Varianten – als Relief oder Ganzkörperfigur – ziert diese eigentlich demonstrativ die prächtigen und leicht einsehbaren Schaufassaden von Gebäuden und betont den repräsentativen Charakter der Hauptansichtsseiten. Kritisch kommentierte Balkenhol diese Form des rein dekorativen, mitunter auch bezugslosen Einsatzes von Kunst an Gebäuden, Plätzen und Wegführungen, wie sie beispielsweise in innerstädtischen Einkaufsmeilen zu finden ist. Stattdessen erklärte er, die „richtige“ Skulptur für den „richtigen“ Ort zu entwickeln – infrage kamen dabei Orte, die eine räumliche Sehnsucht nach einem spannungsgeladenen Dialog mit Kunst ausstrahlen.¹ Diesen Dialog erläuterte Balkenhol nicht näher, sondern überließ dem Publikum alle weiteren Überlegungen zu den angestoßenen Themen von Skulptur, Anbringungsort, Wahrnehmung und Deutung.

Daniel Friedt

¹ „Statements von Künstlern – Stephan Balkenhol (Textfassung eines Gesprächs vom 22. Februar 1989)“. In: Volker Plagemann (Hg.), Kunst im öffentlichen Raum. Anstöße der 80er Jahre, Köln 1989, 260.