Janet Cardiff

Für den Walk Münster lud Janet Cardiff die Besucher_innen zu einem Spaziergang mit vorgegebener Route in der näheren Umgebung des Westfälischen Landesmuseums ein. Mit den visuellen Erlebnissen des Spazierganges und einer Führung und Klanggeräuschen vom Band führte die Künstlerin verschiedene Wahrnehmungsbereiche zusammen und schuf somit eine neue Erfahrungsebene. Ein Walkman diente als Abspielgerät für die Hörführung. Ortsspezifische Geräusche vermengten sich darin mit künstlich fabrizierten Klängen und Stimmen zu einer neuen Komposition. Während sich die Zuhörer:innen im städtischen Raum bewegten, erlebten sie zugleich eine fiktive Welt: Die eingespielten Geräusche suggerierten die Anwesenheit von Dingen und Phänomenen, die es tatsächlich vor Ort nicht gab; die Stimme erzählte von Ereignissen, etwa einem Verbrechen, in dessen Ablauf die Zuhörenden scheinbar verstrickt waren.

Im Zusammenhang mit der Audioführung standen Videoszenen, die im Altbau des Museums beim Blicken in eine teleskopische Vorrichtung zu sehen waren. Hier steigerte sich das Gefühl von Augenzeugenschaft. Durch das Okular eines Teleskops, das auf den Platz vor dem Museum gerichtet war, konnten Szenen beobachtet werden, die sich vermeintlich live ereigneten, jedoch bloße Simulationen, vorproduzierte Filmaufnahmen waren. Die Möglichkeiten der Manipulation in einer hochtechnisierten Welt und die Manipulierbarkeit des Menschen machte Cardiff sichtbar, indem sie Ereignisse und synchronisierte reale und fiktive Bilder überblendete. Die Körperwahrnehmung der Betrachter:innen wurde so gesteuert, dass die reale Umwelt und die virtuellen Szenen nahezu ununterscheidbar miteinander verschmolzen.

Beate Pittnauer